High-Tech hält Einzug im Further Drachenstich
Nach zehnjähriger Planung unter völliger Geheimhaltung gab Deutschlands ältestes Festspiel sein größtes Geheimnis preis: die Gestalt des mit Millionenaufwand konstruierten neuen High-Tech-Drachen.
Seit 31. Juli 2010 ist er der ferngesteuerte Hauptdarsteller des 500 Jahre alten "Drachenstichs" in der bayerischen Grenzstadt Furth im Wald.
Mit 16 Meter Länge soll sich das Ungetüm in die Arena wälzen, 5 m hoch baut es sich vor dem "Weißen Ritter" auf. Sechs Meter lange Flammen schießen aus seinem Rachen und sollen den Ritter vernichten, der das Monster nach uralter Tradition mit Lanzenstichen und Schwerthieben töten will.Ausgefeilte Technik auf der Höhe der aktuellen Entwicklung ermöglichen dem Ungeheuer wechselnde Gesichtsausdrücke und realistische Bewegungsabläufe.
Die perfekte mechanische Illusion eines Fabelwesens – ist das denkbar ohne Hollywood-Knowhow? Die Veranstalter haben Hollywood ins Boot geholt: Den trickreichen Schuppenpanzer des Drachen gestaltet die Münchner Special-Effects-Firma Magicon, die Hollywood regelmäßig für große Blockbuster engagiert. Nach zahlreichen Entwürfen und Gesprächen mit Designern der "Harry Potter"- und "Herr der Ringe"-Filme ging der Zuschlag schließlich an Sikander Goldau. "Sein mutiger Zeichenstift und seine Liebe zu bösartigen Details haben uns überzeugt", sagt Festspiel-Regisseur Alexander Etzel-Ragusa, der dem neuen Star gelassen entgegensieht: "Dieser Drache ist mit Sicherheit der größte Darsteller, den ich jemals hatte. Hoffentlich zickt er nicht."
In hermetisch verschlossenen Hallen konstruiert ein Spezialistenteam derzeit das Monster für den Bayerwald. "Ein Drache ist nicht gerade das, was die Zollner AG täglich herstellt", begründet Ingenieur Sandro Bauer diese Abschottung. "Die Herausforderung ist doch enorm." Über 20 Firmen und Institutionen tragen zu diesem Projekt bei, vom "Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik" über die AUDI AG bis zu führenden bayerischen High-Tech-Herstellern, die mit ihren neuesten Entwicklungen den Drachen zum Leben erwecken – Hollywood made in Germany.
Mehr als 2 Millionen Euro verschlang das Monster. "Dieser Drache ist schon eine Sensation", stellte der Geschäftsführer der Festspiele, Jürgen Friedl, fest. "Eine Flut von Kartenwünschen erreichte die Veranstalter.
High-Tech und Mittelalter – wie verträgt sich das? "Hervorragend", meint Furths Bürgermeister Johannes Müller: "Der Drachenstich hat ja sein stolzes Alter nicht durch ein starres Festhalten an der Überlieferung erreicht, sondern durch eine stete, lebendige Weiterentwicklung der Tradition. Vor vier Jahren haben wir mit der Einführung eines neuen Festspiels endlich den "Kalten Krieg" beendet, der bis dahin ängstliche Bühnenblicke auf unsere tschechischen Nachbarn warf. Und der neue High-Tech-Drache wird uns nun auch technisch in die Gegenwart katapultieren – und damit den uralten Drachenstich einen weiteren Schritt in die Zukunft führen."
Übersicht
Mythologischer Hintergrund:
Mittelalterliche Drachen-Sagen sowie die Sankt-Georg-Legende.
Der Drachenstich als mythologische Verkörperung des Kampfes des Guten gegen das Böse.
Historischer Hintergrund:
Die Hussitenkriege des ausgehenden Mittelalters: ein religiöser und machtpolitischer Konflikt zwischen deutschem Kaiser und Papst gegen Böhmen und seine hussitischen Reformatoren
Tradition des Drachenstichs:
Ursprünge vor mehr als 500 Jahren.
Einst spektakulärer Bestandteil der Fronleichnamsumzüge.
Gegen kirchliche und behördliche Verbote durch die Further Bürgerschaft ab 1869 als eigenständiges Festspiel ertrotzt.
Wechselnde Spielfassungen im jeweiligen Geist der Zeit.
Seit 2006 Festspiel auf den historischen Spuren der Versöhnung zwischen Tschechen und Deutschen.
Bühnendarstellungen des Drachen:
Bis um 1900 Verkörperung durch mehrere Darsteller mit Unterstützung durch Mechanik und Effekte (z.B. Blutblasen).
Danach zunehmend mechanisierte Ungeheuer, den jeweiligen Fortschritten der Bühnentechnik angepasst.
Ab 2010 High-Tech-Drache auf dem aktuellsten Stand der Mechatronik.
High-Tech-Drache:
Projektname: Tradinno – eine Symbiose aus Tradition und Innovation
Gefördert durch die Europäische Union (Förderprogramm Interreg IIIa), die Bayerische Landesstiftung, sowie zahlreiche Institutionen, Unternehmen und die Further Bevölkerung
Über 20 beteiligte Firmen und Institutionen, davon hauptausführend:
Zollner Elektronik AG, Zandt (federführend)
Deuringer GmbH, Furth im Wald
Dorst Technologies, Bad Kötzting
Hieber Metallbau GmbH, Barbing
Leoni Draht GmbH, Bad Kötzting
Mühlbauer Maschinenbau GmbH, Runding
Abbildungen:
Design-Entwurf des neuen Further Drachen für das Festspiel „Der Drachenstich“. Design-Zeichnung von Sikander Goldau. © Drachenstich. Alle Rechte vorbehalten ! Freigegeben für Veröffentlichung im Rahmen dieser Pressemitteilung.
Konstruktionsentwurf des neuen Further Drachen. © Zollner AG. Alle Rechte vorbehalten ! Freigegeben für Veröffentlichung im Rahmen dieser Pressemitteilung.
Aktueller Stand der Montage des neuen Further Drachen in der Motagehalle der Zollner AG. © Zollner AG. Alle Rechte vorbehalten ! Freigegeben für Veröffentlichung im Rahmen dieser Pressemitteilung.